Nachruf: Manfred Ottenweller
Manfred Ottenweller. Foto: TSV |
8. November 2022| von Klaus Jais
Mehrere hundert junger Fußballer aus Nördlingen, dem Ries, aber auch aus den fränkischen und württembergischen Randregionen haben bei ihm trainiert oder aber ihn als Jugendleiter kennengelernt. Spieler, die vor über 20 Jahren beim TSV Nördlingen spielten und längst wieder beim Heimatverein aktiv sind oder aber überhaupt mit dem Fußball nicht mehr viel am Hut haben, sie gingen bis zuletzt auf ihn zu und schütteln ihm die Hände. Oder sie schickten Weihnachts- oder Geburtstagpost. Und er kennt sie alle noch, ob sie nun als großes Talent galten oder aber nur in zweiten Jugendmannschaften kickten. Die Rede ist von Manfred Ottenweller, der großen Anteil daran hatte, dass der TSV Nördlingen in ganz Bayern als ein Verein mit ausgesprochen guter Jugendarbeit bekannt ist. Er ist jetzt im Alter von 85 Jahren verstorben.
Als er im Sommer 2009 von der damaligen bayerischen Justizministerin Beate Merk das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen erhielt, meinte die Ministerin in ihrer Laudatio: „Sie haben in zahlreichen Ämtern und Funktionen eine ganze Ära der Entwicklung Ihrer Heimat geprägt und gestaltet". Womit sie nicht unrecht hatte, denn der gebürtige Nördlinger (er wuchs in der Oskar-Mayer-Straße auf) war nicht nur dem Fußball verbunden: Beruf, Sport, Politik, Familie und große Reisen waren die Fundamente in seinem bisherigen ereignisreichen Leben. Der damalige Stadtrat und Fraktionschef der CSU, Ernst Deffner, animierte ihn zur Kandidatur für die Stadtratswahl 1972. Er schaffte trotz eines nicht gerade aussichtsreichen Listenplatzes auf Anhieb den Sprung in den Stadtrat, in dem er dann 36 Jahre wirkte. Er war regelmäßig Stimmenkönig und von 1982 bis zum September 2007 Fraktionssprecher der CSU. Überdies gehörte er 30 Jahre dem Kreistag an. Ottenweller war aktuell Mitglied bei 33 (!) verschiedenen Vereinen. Die Bandbreite reicht vom über 40-jährigen Wirken bei der Nördlinger Kolpingfamilie bis zur Mitgliedschaft beim FC-Bayern-Fanclub „Eichendorffstüble.“
Interessanterweise hat Ottenweller nie selbst Fußball im Verein gespielt, nur in der Schule, in sogenannten Prominentenmannschaften oder in der Betriebsmannschaft der Firma Esarom. „Aber ich habe quasi als Assistent von Schorsch Münzinger Gefallen an der Traineraufgabe gefunden und mich dann entsprechend an der damaligen Sportschule Grünwald ausbilden lassen“, erklärte Ottenweller in einem Interview mit den RIESER NACHRICHTEN vor einigen Jahren. Einen Spielerpass hat Ottenweller auch in seinen Unterlagen, allerdings einen für Handball und ausgestellt vom Kreis Braunenberg, wo der TSV Nördlingen damals spielte. Ein Highlight als Fußballer hatte er dennoch, denn 1971 spielte er in einer Auswahlmannschaft gegen den FC Schmiere, in der Weltmeisterkicker der Mannschaft von 1954 wie Toni Turek, Helmut Rahn oder Hans Bauer standen. Die TSV-Mannschaft verlor vor 3000 (!) Zuschauern zwar 3:6, doch Ottenweller konnte Torwart Turek zum 3:5-Zwischenstand bezwingen.
Er war nicht nur Jugendleiter für den gesamten TSV Nördlingen und C-Jugendtrainer der Fußballer, er war auch Schriftführer für alle Fußballmannschaften, schrieb Berichte für die RIESER NACHRICHTEN und er aktualisierte auch den Infokasten, der am Gasthaus Goldenes Lamm am Schäfflesmarkt Jahrzehnte hing. Letztlich waren es 35 Jahre als Trainer der Schülermannschaft, zu der man später C-Jugend und heute U15 und U14 sagt. „Die 40 Jahre bringe ich voll, wenn ich die Zeit dazurechne, wo ich anfangs unter Jugendleiter Schorsch Münzinger als Fahrer zu den Auswärtsspielen – unter anderem von Gerd Müller – fungiert habe“, meinte Ottenweller, dessen größter sportlicher Erfolg 1990 die bayerische C-Jugend-Vizemeisterschaft war, als der FC Bayern München im Endspiel der Gegner war und die Rieser nach einer 1:0-Halbzeitführung (Torschütze war der Hoppinger Stefan Scherb) noch 1:8 verloren. Ungezählt sind freilich die schwäbischen Meistertitel. Spieler, die er trainierte und die es in höherklassige Amateurligen geschafft hatten, waren unter anderen Andreas „Bobo“ Mayer, Karl-Heinz Schüler, Andreas Schröter, Marco Konrad, Michael Lutz, Bernd Taglieber und Emil Klaß. 30 Ordner zeugen von seinen vielfältigen Erlebnissen, wobei ein ganzer Ordner mit Bildern und Artikeln von Gerd Müller gefüllt ist.
Den Gedanken eines Nachwuchsleistungszentrums, den der Deutsche Fußball-Bund erst im Jahre 2002 startete, hatte Ottenweller schon Jahrzehnte früher. Er war es, der junge Fußballer zum TSV Nördlingen holte und sich um sie kümmerte, indem er sie nach dem Training noch nach Hause brachte. Er rief auch den Manfred-Ottenweller-Cup ins Leben; dieses Hallenfußballturnier für D-Junioren-Mannschaften fand 2019 zum 21. Mal statt. 1996 beendete er mit 59 Jahren seine Tätigkeit als Jugendtrainer und Jugendleiter, beruflich war für ihn vier Jahre später Schluss. Er hatte die Berufe des Industriekaufmanns und des Destillateurs erlernt und ging als Prokurist und Leiter der Werksverwaltung eines großen Nördlinger Industriebetriebs in Rente.